Seite 1 von 1

Erschließung Hinterliegergrundstück/Garten mit Hebeanlage oder Vollbiologie

Verfasst: So 30. Jan 2022, 19:58
von Markus
Hallo,
ich stehe kurz vor einem Grundstückskauf und prüfe gerade die Machbarkeit und Kosten für die Erschließung. Die allgemeine Machbarkeit des Bauvorhabens wurde bereits über eine Bauvoranfrage abgesichert. Mir geht es somit nur noch um die technische Umsetzung der Erschließung auf dem Grundstück. Das Grundstück ist im nördlichen Teil bereits bebaut und vollständig erschlossen. Mein Bauvorhaben bezieht sich auf den Garten im südlichen Teil des Grundstücks. Die Zufahrt zum Garten ist über eine Brücke gesichert. Die Straße im Süden ist jedoch nicht erschlossen. Die Erschließung des Gartens soll über einen Kanal an die Straße im Norden erfolgen. Dazu muss ein Bachlauf und eine alte Scheune gekreuzt werden. Die Scheune hat mittig eine breite Durchfahrt, sodass die Querung kein Problem darstellt. Am Punkt A soll für Strom und Telefon ein neuer Anschluss entstehen. Die entsprechenden Leitungen liegen im Gehweg und ein zusätzlicher Anschluss kann somit relativ einfach realisiert werden. Mein größtes Problem stellt die Lage und Höhe des bestehenden Übergabeschachtes für das Abwasser dar. Dieser liegt zwischen dem bestehenden Wohngebäude und einem Nachbarhaus in 1,6m Tiefe. Der Kanal in der Straße liegt jedoch auch nur 2,2m tief. Da der Garten 1 Meter tiefer liegt als das Gelände am Anschlusspunkt und die Entfernung vom neu geplanten Wohngebäude zum Übergabeschacht ca. 100m beträgt, ist eine Einleitung der Abwässer durch das natürliche Gefälle nicht möglich. Ich stehe nun vor der Entscheidung Hebeanlage oder Vollbiologische Kläranlage. Die untere Wasserbehörde hat mir bereits signalisiert, dass es nicht einfach wird eine Genehmigung für eine Vollbiologie zu bekommen. Und falls später ein Kanal im Süden kommt, müsste ich sowieso angeschlossen werden (Anschlusszwang). Da mir eine Einleitung in den Kanal sowieso lieber ist, würde mich interessieren inwiefern eine Hebeanlage für mein Vorhaben in Frage kommt. Geplant ist das Abwasser mit Gefälle in einen Schacht (zum Beispiel PKS800) nahe dem Haus fließen zu lassen und von dort gegen das Gefälle in den bestehenden Übergabeschacht zu pumpen. Dazu kann der Kanal der sowieso für Strom und Telefon benötigt wird mitbenutzt werden. Das Letzte Stück (10m) unter dem Haus bis zum Punkt B soll mittels Erdrakete geschossen werden. Der Bachlauf muss mindestens 60cm unterhalb der Grabensohle gekreuzt werden. Die Grabensohle ist 1,2m tief, meine Leitungen müssen somit an diesem Punkt ca. 2m unter dem Geländeniveau verlaufen.
2022-01-30 18_01_54-Skizze - PowerPoint.png
Nun zu meinen Fragen:
- Welchen Durchmesser sollte die Leitung zwischen Pumpenschacht und Übergabeschacht haben?
- Stellt es ein Problem dar, wenn die Leitung nicht geradlinig & geländeparallel verläuft? (da der Graben in 2 Meter Tiefe gekreuzt werden muss, der Übergabeschacht aber höher liegt)
- Mit welchem Invest muss ich für den Schacht und die Pumpen ungefähr rechnen?
- Muss ich vor dem Übergabeschacht nochmal über die Rückstauebene oder erübrigt sich das durch meinen Pumpenschacht
- Ich hatte den Schacht (PKS800) aus einem älteren Foreneintrag, entspricht der noch der Stand der Technik?
- Was haltet ihr generell von meinem Vorhaben?
- Was würdet ihr bevorzugen Vollbiologie oder Hebeanlage

Schonmal vielen Dank an alle, die sich die Mühe gemacht haben den ganzen Text zu lesen und mit meinem Problem zu befassen. Ich wäre über eure Meinung und Einschätzung sehr Dankbar!

Re: Erschließung Hinterliegergrundstück/Garten mit Hebeanlage oder Vollbiologie

Verfasst: Mo 31. Jan 2022, 17:59
von Bomberfahrer
Hallo Markus,
die Machbarkeit einer Druckentwässerung mit einem PKS-B 800-32 Schacht ist durchaus möglich. Man sollte eine Druckentwässerung dem Biosystem vorziehen, da bei einer späteren Erschließung der neuen Straße im Süden nicht all zu viel Geld im Boden verbleibt wenn der Anschlusszwang greift. Vielleicht muss später jedes Grundstück über ein Pumpwerk angeschlossen werden, dann bist du schon aus dem Schneider.

Der Durchmesser der Druckleitung ist PE-HD DN40 (50mm) und muss nicht zwingend geländeparallel verlaufen. Die Druckleitung kann im Auslauf an der Straße im Übergabeschacht auch relativ weit oben auslaufen, muss dann aber im Schacht mit einem Winkelstück nach unten geführt werden um einen sauberen Zulauf zum vorhandenen Abwasser zu bekommen. Ein Rückstauschutz ins Haus ist durch das Rückschlagsystem im Pumpenschacht schon gegeben, die Druckleitung braucht nicht noch einmal über die Rückstauebene gehen, evtl.verlangt die Gemeinde noch eine zusätzliche Rückstauklappe im Zulaufrohr zum Pumpwerk (Bei der Gemeinde nachfragen wegen Hochwasserschutz vom Bachlauf !?).

Zum Invest kann ich leider keine Auskunft geben, aber eine Liste des benötigten Materials habe ich zusammengestellt:

1x JP09475 PKS-B 800-32 Schacht
1x JP44855 Druckroheinheit PKS-B
1x JP46437 Schachtabdeckung Kl.A
1x JP44975 Auflagering Schachtabdeckung
1x JP44797 Anschlußverschraubung 1 1/4" - DN40 (50mm)
1x JP44858 Lüftungsrohr DN100 Edelstahl
1x JP50352 UFK 20/2 M plus, Ex (10m Anschlußkabel)
1x JP43160 AD 46 ExM TLS (10m Schlauchsatz)

Druckrohrleitung PE-HD DN40 in Rollenware entsprechender Länge
Zulaufrohre KG-Rohre grün in entsprechender Menge, Schachtanschluß Zulaufrohr =DN150, Lüftungsrohr =DN100, Kabelrohr reicht DN50 Flexibel (Betonfest). Das Pumpwerk sollte sich ca. 6-7m vom Haus befinden, da die Anschlusskabel an der Pumpe nur 10m lang ist.

Da es sich hier um einen kommunalen Abwasseranschluß handelt, muss das Pumpwerk zwingend eine Ex-Ausführung sein.

Grüße
Reiner

Re: Erschließung Hinterliegergrundstück/Garten mit Hebeanlage oder Vollbiologie

Verfasst: Mo 31. Jan 2022, 19:40
von bastelkoenig
Jetzt komme ich wieder wie Doof ums Eck:

Warum eine Einzelanlage?

Hier ist doch kein Entwässerungsgegenstand ohne Hebeanlage nutzbar.
Muss dann nicht eine Doppelanlage vorgesehen werden? Oder greift das nicht weil EFH?
Ich persönlich würde IMMER eine Doppelanlage verbauen.

Re: Erschließung Hinterliegergrundstück/Garten mit Hebeanlage oder Vollbiologie

Verfasst: Mo 31. Jan 2022, 20:16
von Bomberfahrer
@Bastelkönig

Eine Doppelanlage wird erst bei mehreren Wohnungen gefordert, wo eine Störung einer Pumpe sofort zu größeren Problemen führen kann. Oder es kommt so viel Abwasser zusammen, das eine Pumpe nicht reicht.

Bei uns im Bereich laufen bis zu 8 Wohneinheiten auf ein Einzelpumpwerk, das heißt im Fehlerfall schnell reagieren.

Für ein EFH reicht immer ein Einzelpumpwerk, für die paar Liter...

Re: Erschließung Hinterliegergrundstück/Garten mit Hebeanlage oder Vollbiologie

Verfasst: Do 3. Feb 2022, 19:05
von Markus
Hallo Reiner und Bastelkönig,
erst einmal vielen Dank für diese schnelle und ausführliche Antwort! Das ist wirklich eine riesen Hilfe. Werde die Hebeanlage dann auf jeden Fall der Vollbiologie vorziehen.

Ein paar Fragen haben sich dann doch noch ergeben:
Die Pumpe fehlt in der Auflistung noch oder ist die beim Schacht schon mit dabei?
Mit "Ex-Ausführung" ist ein Pumpwerk mit Explosionsschutz gemeint?
Wie oft sollte das System gewartet werden und wie hoch sind die Wartungskosten ungefähr?
Was mir viel mehr sorgen macht als der Ausfall der Pumpe ist die Frage was bei Stromausfall passiert?
Wie lange reicht das Schachtvolumen ungefähr bei einem Einfamilienhaus als Puffer aus?
Kann man die Pumpe übergansgweise mit einem Notstromer betreiben, falls ja welche Leistung sollte dieser haben?

Ich habe gerade mal nach den einzelnen Positionen in deiner Liste gesucht. Hier wäre doch das meiste schon dabei oder?
https://www.pumpenscout.de/Hersteller-o ... SgQAvD_BwE

Viele Grüße
Markus

Re: Erschließung Hinterliegergrundstück/Garten mit Hebeanlage oder Vollbiologie

Verfasst: Do 3. Feb 2022, 19:47
von bastelkoenig
Moin!

Bei deinem Angebot wäre die Pumpe dabei ja :-)

Wenn du dir die Option offen halten willst, die Anlage auch über ein Stromaggregat betreiben zu können,
dann solltest du den Anschluss über eine CEE-Steckdose vorsehen, auch wenn das für ortsfeste Anlagen nicht
ganz so optimal ist, da ein Stecker immer einen Übergangswidertand darstellt.
So kannst du im Ernstfall aber den Stecker ziehen und mit einer Verlängerung an das draussen stehende Aggregat
anschließen.

Bei der Aggregategröße ist es auch entscheidend was du für eines hast.
Bei dem "neumodernem" Chinamist (Alles wo ein "AVR" eingebaut ist) würde ich mindestens die 1,5-fache
Motorleistung der Pumpe nehmen.
Wenn du aber einen schönen alten Diesel findest, reicht es wenn du einen Generator hast, der die gleiche Nennleistung
der Pumpe hat.
Du musst hier nur beachten, ein Generator ist meistens in "kVA" als Leistung angegeben. Bei Motoren in KW.
Um genau zu wissen welche Leistung der Generator dann hat (die kVA sind immer mehr als die KW) solltest du dann
kVA mal Cosinus Phi rechnen, dieser ist beim Aggregat angegeben.

Beispiel:
Generator mit 10kVA und Cosinus Phi von 0,8. Rechnet man 10x0,8=8,00 Demnach wäre dein Richtwert die 8kW.
Mit dem Trick werden oft Leute geködert die denken "Boa was habe ich ein Monster Aggregat" ist dann aber nicht so.
Ganz korrekt sind die Rechnungen nicht, aber du kannst sie dafür erstmal so annehmen.

Wie Lange der Schacht bei einem Stromausfall "hält" hängt viel davon ab was du Einleitest.
Waschmaschine, Große Spülung, Geschirrspüler sind dann Sachen die man vorerst vermeiden sollte.
Je weniger du Einleitest, desto länger kannst du einleiten, logischer Weise.

Wenn du die Steuerung mit einem Akku versiehst, dann bekommst du einen Akustischen Hochwasseralarm
auch bei Stromausfall, den kannst du dann theoretisch nutzen um mal kurz das Aggregat anzuwerfen und
den Schacht zu leeren.

Re: Erschließung Hinterliegergrundstück/Garten mit Hebeanlage oder Vollbiologie

Verfasst: Di 8. Feb 2022, 20:19
von Bomberfahrer
Hallo Markus,

zu deinen Fragen:
- Die Pumpe ist in dem Angebot dabei, aber!!! es ist eine UFK35. Du brauchst eine UFK20, da du ja nur eine ca. 100m lange Druckleitung hast.
- Die Pumpe muss in Ex-Ausführung sein, es wird fäkalienhaltiges Abwasser im kommunalen Bereich befördert.
- Die Anlage sollte mindestens einmal im Jahr vom Grundstückeigentümer gewartet werden, die Wartung beinhaltet eine Sichtkontrolle auf Leckagen, Undichtigkeiten vom Schacht, Korrosion und evtl. eine Reinigung des Schachtes (Wenn man hat auch mit Hochdruckreiniger). Damit bleiben die Kosten im Rahmen, eine technische Wartung mit Ölwechsel und Messung des Motors würde ich erst in 3-5 Jahren anraten (In den ersten Jahren sind die Werte immer gut).
- Bei Stromausfall funktioniert das Pumpwerk natürlich nicht, aber im Schacht und den Zulaufrohren ist ein Reservevolumen von ca. 200-500 Liter. Dieses Volumen sollte man bei einem Stromausfall nicht gleich ausreizen mit dem Entleeren des Pools oder dergleichen. Man sollte dann schon mit dem Wasser haushalten, Benutzung der Toilette und Hände waschen geht noch. Im Normalfall schaltet die Pumpe ca. 4-5 mal am Tag und fördert dann knapp 30 Liter Abwasser ab, da bleibt genug Zeit bis zum kritischen Punkt.
- Ein Notstromer für das Pumpwerk halte ich persönlich für übertrieben. Dafür ist in Deutschland das Stromnetz zu Stabil, wann war das letzte mal ein Stromausfall über einen längeren Zeitraum? Da wäre die Versorgung der Kühl- und Gefrierschränke sowie der Heizung wichtiger.

Grüße
Reiner